Das Barcamp Kiel
Am 11.und 12.08.2017 fand das Barcamp Kiel statt. An zwei Tagen trafen sich Menschen aus unterschiedlichsten Branchen und diskutierten in hochwertigen Sessions über Neuheiten und Chancen der Digitalisierung aber auch über allgemeine Jobthemen.
Es wurden viele interessante Sessions angeboten, die man am liebsten alle gleichzeitig besucht hätte! Zum Glück gab es neben Twitter (#bcki17) auch einen Liveticker der Kieler Nachrichten, mit dem man sich einen guten Überblick verschaffen konnte, was in welcher Session gesagt wurde.
Meine Session zum Thema Influencer Marketing
In meiner Session knüpfte ich an die aktuelle Diskussion über die Glaubwürdigkeit von Influencern an, die spätestens seit der missglückten Instagram-Kampagne von Coral extrem leidet.
Wenn man selbst den Beginn des Influencer Marketings in Deutschland mitgemacht und mitgestaltet hat, wünscht man sich manchmal die Zeiten der "Tinkie-Winkie-Schminkecken-Blogs" zurück, in denen Produkte von Bloggern gekauft, getestet und authentisch bewertet wurden. Als Unternehmen noch Produktpakete verschickten und die Blogger darüber berichteten, wenn sie sich auch wirklich damit identifizieren konnten.
Natürlich hat sich die Zusammenarbeit mit Influencern für Unternehmen immer mehr bewährt. Wie Lead Digital in ihrem Artikel "Blogger: Underdogs im Influencer Marketing" schreibt, entwickelt sich Influencer Marketing mittlerweile "zur der mit Abstand populärsten Marketing-Methode“. Zu Recht. Hat eine Kaufempfehlung eines Influencers auch wesentlich mehr Glaubwürdigkeit als "normale" Werbung. Auch dieser Bereich des Marketings musste sich weiterentwickeln, keine Frage.
Ich bin auch nicht für Stillstand - aber was dem aktuellen Influencer Marketing meiner Meinung nach fehlt, ist Professionalisierung. Auf beiden Seiten. Denn gerade in Zeiten von Fake-News und Bots wollen Leser, Fans und Follower vor allem eins: Authentizität. Und die fehlt leider oft. Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut, welches mittlerweile oft auf den Prüfstand treuer Fans gestellt wird.
Der Fall #coralliebtdeinekleidung: So bitte nicht!
Die von Coral Mitte Juli 2017 initiierte Instagram-Kampagne #coralliebtdeinekleidung ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Influencer Marketing nicht betreiben sollte. Mit der stumpfen Platzierung von Coralprodukten im „Alltag“ von Promis wie Grace Capristo und Fiona Erdmann hat es Coral wirklich auf die Spitze getrieben!
Die unnatürliche Platzierung von Coralflaschen auf Instagram-Fotos von Promis sorgte unter den Usern für viel Hohn und Spott.
Neben vielen Usern im Netz amüsierten sich auch die Teilnehmer meiner Session über diese plumpe Werbung seitens Coral. Auch die Promi-Influencer, ernten viel Hohn und Spott - allein fürs Mitmachen und fürs „Sich-komplett-verkaufen“. Das muss doch nicht sein. Ich bin nicht für Influencer Bashing - sondern für eine authentische Werbung und mehr Transparenz. Wie passt das zusammen? Nun ja, wenn Influencer sich dafür entscheiden für ein Produkt zu werben, dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Sprich, eine Kennzeichnung, dass es sich in ihrem Beitrag um Werbung oder einen "Sponsored Post" handelt, ist Pflicht. Ganz zu schweigen von dem "Fit": Der Influencer muss zu Marke passen und die Marke zum Influencer.
"Jedes Produkt, das ich empfehle, muss zu mir passen und ich muss damit leben können. Welche Summe da im Raum steht, ist völlig irrelevant." sagte Daniel Fuchs, einer der
Top-Instagram-Influencer in Deutschland, unlängst der Internet Business World. Richtig so. Unternehmen müssen auch mal ein Nein akzeptieren.
Leider sind nicht alle Influencer so eisern, gerade wenn ein hohes Honorar winkt. Schlussendlich muss es ein Geben und Nehmen sein und im besten Fall ein Benefit für beide Seiten dabei herrausspringen. Aber so wie Coral gegen Geld einzig und allein ihre Produkte bei reichweitenstarken Influencern platzieren ließ, leidet nur die Glaubwürdigkeit der Marke und die des Influencers selbst darunter. Influencer sollten sich als Partner verstehen und nicht als reine Werbeplattform. Und Partner bezahlt man - keine Frage - aber Partner kauft man nicht. Und: Partner wählt man sorgfältig aus.
Auswahlkriterien für die Zusammenarbeit mit Influencern
Viele Unternehmen, die sich entschließen mit Influencern zusammenzuarbeiten sind noch recht unbedarft. Wer Influencer Relations betreiben möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass "Relations" auch etwas mit Beziehung und vor allem mit der Pflege dieser zu tun hat. Und das geht nicht mal eben nebenbei. In der Regel soll es ja eine langfristige Zusammenarbeit werden. Auch im Interesse der Influencer. Das heißt, bevor man sich als Unternehmen entschließt mit einem Influencer zusammenzuarbeiten, sollte man gewisse Kriterien definieren.
Wie Ira Reckenthäler in ihrem Interview mit der W&V verriet, nutzt ihre Agentur Wildcard Communications beispielsweise eine Scorecard mit 70 bis 80 Indizes für die Auswahl der richtigen Influencer, damit diese auch wirklich zum Unternehmen passen.
Möchte man selbst eine erste Analyse starten, helfen verschiede Tools und Websiten wie Influma, Brandwatch oder auch Meltwater, die einem einen Überblick über die Influencer geben, die schon über das eigene oder verwandte Produkte in ihren Kanälen berichtet haben. Sind die ersten relevanten Influencer identifiziert, können sie anhand von ersten Parametern wie Reichweite, Anzahl und Engagement der Follower, Expertise, Fokus, Schreibqualität, Häufigkeit der Postings, Auffindbarkeit im Netz, Platzierung von Keywords, Kennzeichnung von Werbung usw. kategorisiert, einer Kampagne besser zugeordnet und angefragt werden.
Es müssen auch nicht immer nur die Top-Influencer sein. Manchmal sind 5 kleinere Influencer besser als ein Promi, zu dem das Produkt oder die Botschaft überhaupt nicht passt. Auch einen gewissen „Kontrollverlust“ sollten Unternehmen hinnehmen und dem Influencer keine Story aufdrücken, sondern ihn seinem oder ihrem Stil treu bleiben lassen. Das tut der Glaubwürdigkeit beider Seiten gut!
In jedem Fall sollte man sich den Influencer - egal ob Blogger, Youtuber oder Instagrammer - und seine Kanäle genau ansehen, denn auch hier wird sich immer häufiger einer Fake-Reichweite bedient: Fans, die gar keine sind, Kommentare, die extra geschrieben wurden, Gefällt mir-Angaben die durch Bots exorbitante Höhen erreichen … die Liste der Möglichkeiten ist lang. Eine gewisse Grundskepsis und sorgfältige Recherche schadet daher nicht. Denn es geht ja schließlich um die Reputation der eigenen Marke und eine authentische Zusammenarbeit.
Die Mischung macht’s: Jeder Kunde kann zum Influencer werden!
Von den Teilnehmern der Session kam die Frage, ob Youtuber, Instagrammer und auch Blogger alle als Influencer bezeichnet werden können oder ob man da nochmal differenzieren muss. Oft wollen Blogger auch Blogger bleiben. In der Regel haben Blogs zwar mittlerweile eine geringere Reichweite als Instagrammer und Youtuber, dafür aber eine aktivere Fan-Base und mehr Interaktion. Wer also auf nachhaltige Kommunikation setzt, sollte auch auf die Zusammenarbeit mit Bloggern setzen. Diese bedienen ja in den meisten Fällen zusätzlich zu ihren Blogs auch weitere Kanäle wie Instagram und Twitter.
Und auch Kunden können zum Influencer werden! Denn immer mehr Menschen haben privat ihre eigenen Kanäle wie Facebook, Twitter, Instagram und Co. Warum nicht mal einen Instawalk durch sein
Unternehmen (oder die Umwelt seines Produktes) veranstalten oder Postings veröffentlichen, die die Interaktion von Fans fördert?
Wir werden immer mehr zur Mitmach-Gesellschaft und wollen mitgestalten und bewerten. So kann jeder durch seine Empfehlung die Meinung und Kaufentscheidung eines potentiellen Kunden beeinflussen
und so selbst zum Influencer werden. Es kommt daher bei der Zusammenarbeit mit Influencern auch auf die richtige Mischung an, wie sehr ein Influencer zur eigenen Marke passt und welche
Kanäle sich als relevant für die eigene Zielgruppe erachten.
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